Montag, 8. November 2010

Europameisterschafft Flag Football in Ostia(Rom)

Junge Gladiatoren jagen den Ball
Die U-13- und U-16-Junioren der Rafz Bulldogs verbringen das kommende Wochenende in Rom. Nicht zu Ferienzwecken. Sie vertreten die Schweiz an der Flag-Football-Europameisterschaft.

U-13-Running Back Marvin Kocher (Mitte) rennt mit dem Ball Richtung gegnerische Endzone, während sein Bruder Navis (rechts) und Iven Glupe versuchen, dem Angreifer ein «Flag» von der Hose zu reissen und den Angriff so zu stoppen. (rce)
Im nördlichsten Zipfel des Kantons Zürich herrscht Aufbruchstimmung. Den Nachwuchs der Rafz Bulldogs ziehts gen Süden. Und da ja (fast) alle Wege nach Rom führen, brechen auch die Flag Footballer am kommenden Wochenende Richtung italienische Metropole auf – in den Stadteil Ostia.
Wo in der Antike Gladiatoren im Zirkus Maximus Kopf und Kragen riskierten, kämpfen die U13 und U16 der Bulldogs ebenfalls um sportliche Ehren. Die Rafzer Junioren vertreten die Schweiz nämlich an der Europameisterschaft. Für Marvin Kocher, zusammen mit seinem Bruder Navis im U-13-Team, ein besonderes Erlebnis. «Ich war noch gar nie in Italien», sagt der Offensivpieler. «Deshalb ist es für mich wie ein kleines Abenteuer.» Über die anderen Mannschaften wisse er zwar nicht viel. «Gegen Deutschland habe ich aber schon einmal gespielt und leider verloren.»
Dass Rafz die Schweiz an der EM vertritt, haben sie dem Reglement zu verdanken. Dieses sieht vor, dass die Mannschaften, die vor der Sommerpause an der Tabellenspitze stehen, die Nationalmannschaftsspiele bestreiten können. Gestohlen haben die Bulldogs die EM-Qualifikation nicht. Sie waren nicht nur zur Meisterschaftshälfte Tabellenführer. Die U13 wie die U16 gewannen am vergangenen Samstag in Genf die letzten Saisonspiele und ziehen beide als ungeschlagene Leader in die Playoff-Finals vom 2. Oktober in St. Gallen ein.
Für die meisten Rafzer Nachwuchsspieler ist es die erste Europameisterschaft. Auch für den Running Back der U16, Alexander Harburger. «Das ist eine echte Herausforderung, auf die ich mich echt freue», sagt er. Trotzdem schaut er den Spielen nur gedämpft optimistisch entgegen. «Wir sind ein gut eingespieltes Team, aber leider dürfen nicht alle Mannschaftskollegen mitkommen.»

Nur «Schweizer» dürfen mit

Harburgers Aussage ist so zu verstehen: Die Bulldogs treten in Rom als Nationalmannschaft auf, deshalb dürfen auch nur Schweizer Spieler im Team stehen. Bei den Rafzern frönen aber, wie in allen anderen Sportarten, auch viele ausländische Jugendliche dem Flag Football.
«Eine blödsinnige Regel», regt sich Bulldogs-Teammanager Toni Frutig auf. «Einerseits qualifiziert man sich als Klubmannschaft für eine EM, muss aber andererseits wegen des Reglements auswärtige Spieler ausleihen.» Ein Mädchen aus Bern sowie Junioren aus Thun und Winterthur machen deshalb die Italienreise mit. Frutig, der neben seinem Rafzer Engagement auch noch als Schweizer Nationaltrainer amtet, ist zusammen mit Verantwortlichen ausländischer Vereine dran, diese straffe Bestimmung zu lockern.
Flag Football ist die weichere Variante des American Footballs. Im Gegensatz zur brachialen Variante wird die angreifende Mannschaft nicht mit körperlichen Tacklings gestoppt. Ziel der Verteidigung ist es, dem ballführenden Spieler eines seiner zwei «Flags» – Stoffstreifen, die hinten an der Hose hängen – zu packen und abzureissen. Aus diesem Grund eignet sich dieser Sport für Jugendliche als Einstieg in den American Football.
Dass sich gerade Rafz in der Schweiz zur Hochburg des Flag Football gemausert hat, macht Frutig schon stolz. «Wie viele Sportklubs können ihren Junioren schon die Möglichkeiten auf eine Teilnahme an Europameisterschaften bieten», meint er scherzend. Und die Nordzürcher Gemeinde scheint der Randsportart ebenfalls wohlgesinnt. «Der Schweizer Verband zahlt 5000 Franken an die Fahrkosten nach Rom. Nach einem Aufruf in der Dorfzeitung spendeten Gewerbe und Private weitere 2000 Franken, das ist wirklich toll», freut sich Frutig.
Neben einem Vollzeitjob wendet er seine ganze Freitzeit für die Bulldogs auf. «Doch, doch, meine Frau weiss noch, wie ich aussehe», meint Frutig lachend. «Aber sie hat mir schon einmal gesagt: Wenn ich für all die Zeit, die ich in den Flag Football investiere, im gleichen Mass bezahlt würde, dann könnte sich die Familie schon lange ein Haus an der Zürcher Goldküste leisten.»

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